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Wahlrecht zwischen Wohngeld und Sozialhilfe: Was Leistungsberechtigte wissen sollten

In der Sozialgesetzgebung gibt es immer wieder neue Entscheidungen und Klarstellungen, die für die Betroffenen von großer Bedeutung sind. Eine dieser wichtigen Entscheidungen betrifft das Wahlrecht zwischen Wohngeld und Sozialhilfe. Dies ermöglicht es den Leistungsberechtigten, sich bewusst für eine der beiden Optionen zu entscheiden, je nach ihrer individuellen Situation und Bedürfnissen. In diesem Beitrag beleuchten wir die aktuellen rechtlichen Grundlagen und die damit verbundenen Möglichkeiten.

Wohngeld oder Sozialhilfe: Keine einfache Entscheidung

Viele Leistungsberechtigte stehen vor der Frage, ob sie Wohngeld oder Sozialhilfe beantragen sollen. Gemäß § 2 Abs. 1 SGB XII ist der Leistungsberechtigte nicht allein deshalb von Sozialhilfe ausgeschlossen, weil er möglicherweise Anspruch auf Wohngeld hat. Dieser Nachranggrundsatz ist keine Ausschlussnorm, sondern vielmehr ein Programmsatz, der die Sozialhilfe als nachrangige Leistung definiert.

Wichtige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hat diesen Aspekt mehrfach bestätigt:

  • Urteil vom 22.03.2012 (B 8 SO 30/10 R): Das BSG stellte klar, dass der Nachranggrundsatz keine isolierte Ausschlussnorm darstellt.
  • Urteil vom 29.09.2009 (B 8 SO 16/08 R) und Urteil vom 26.08.2008 (B 8 SO 26/07 R): Beide Entscheidungen bekräftigen die fehlende normative Eigenständigkeit der sogenannten „Strukturprinzipien“ der Sozialhilfe.

Diese Urteile zeigen, dass die Sozialhilfe nicht automatisch ausgeschlossen ist, wenn ein potenzieller Wohngeldanspruch besteht.

Aktuelle Klarstellung: Wahlrecht für Leistungsberechtigte

Eine besonders wichtige Entscheidung traf das BSG am 23.03.2021 (B 8 SO 2/20 R). Diese Entscheidung bestätigt erneut, dass Leistungsberechtigte ein Wahlrecht zwischen Wohngeld und Sozialhilfe haben. Das bedeutet, dass sie auf einen Wohngeldantrag verzichten können, um stattdessen als Sozialhilfeberechtigte weitere finanzielle Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen. Dies ist ein bedeutender Vorteil für viele Betroffene, da die Sozialhilfe oft umfassendere Unterstützung bieten kann.

Auslegung von § 2 Abs. 1 SGB XII

Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 SGB XII ist hier entscheidend. Es geht nicht darum, ob der Leistungsberechtigte einen durchsetzbaren Anspruch gegen Dritte hat, sondern ob er über Einkommen oder Vermögen verfügt oder Leistungen tatsächlich „erhält“. Dies bedeutet, dass die Sozialhilfe dann zum Tragen kommt, wenn der Bedarf des Leistungsberechtigten nicht anderweitig gedeckt wird.

Fazit

Die Entscheidung, ob Wohngeld oder Sozialhilfe beantragt wird, kann für Leistungsberechtigte erhebliche Auswirkungen haben. Dank der aktuellen Rechtsprechung haben sie jedoch die Freiheit, die für sie günstigere Option zu wählen. Es ist wichtig, sich über die eigenen Rechte und Möglichkeiten zu informieren und die bestmögliche Entscheidung zu treffen. Wenn Sie unsicher sind, welche Option für Sie die beste ist, kann eine Beratung durch einen Fachanwalt für Sozialrecht hilfreich sein.

Steffen Klaus ist ein deutscher Jurist. Er ist Inhaber einer Kanzlei für rechtliche Betreuung, Nachlasspflegschaft und Testamentsvollstreckung und arbeitet freiberuflich für die Justiz. Für die Wahlperiode 2024 bis 2028 wurde Klaus zum ehrenamtlichen Richter am Verwaltungsgericht Dresden berufen.

Comments (1)

  1. Auf Ihrer www Seite – Wahlrecht zwischen Wohngeld und Sozialhilfe, kommen Sie zu dem Fazit :

    Die Entscheidung, ob Wohngeld oder Sozialhilfe beantragt wird, kann für Leistungsberechtigte erhebliche Auswirkungen haben. Dank der aktuellen Rechtsprechung haben sie jedoch die Freiheit, die für sie günstigere Option zu wählen. Es ist wichtig, sich über die eigenen Rechte und Möglichkeiten zu informieren und die bestmögliche Entscheidung zu treffen.

    So gehe ich einmal davon aus, das die in Ihrem Artikel zitierten Urteile des BSG auch im Umkehrschluss zutreffend. Will heißen, das auch die vermeintlich ungünstigere Variante zwischen dem Bezug von Wohngeld oder Sozialhilfe gewählt werden kann.

    Das die Sozialhilfe oftmals umfassendere Unterstützung bieten kann als wie Wohngeld mag zutreffend sein.

    Im SGBII jedoch sind mitunter diverse Gängeleien der Behörde keine Seltenheit.

    Wenn Leistungsberechtigte, die im Bezug der Grundsicherung und oder d. SGBII befinden, welche sich länger als vier Wochen ununterbrochen im Ausland aufhalten, erhalten nach Ablauf der vierten Woche (§ 41a SGB XII) bis zu ihrer nachgewiesenen Rückkehr ins Inland keine Leistungen mehr. ,
    Die leistungsberechtigte Person unterliegt bei einem nicht nur
    vorübergehenden Auslandsaufenthalt wegen der Leistungserheblichkeit den
    Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff. SGB I. 2 ,

    Diese Abwesenheitsmeldung sieht das Wohngeldgesetz auch bei längerer Abwesenheit nicht vor. Sie erhalten Wohngeld für den selbstgenutzten Wohnraum, der von Ihnen auch dann selbstgenutzt, wenn Sie abwesend sind. Dabei muss aber der Wohnraum weiterhin der Lebensmittelpunkt bleiben, an den Sie regelmäßig immer wieder zurückkehren können.

    So ist auch der Wohnungsbehörde im Gegensatz zur Grundsicherung währen des Bewilligungsabschnitt auch nur mitzuteilen, wenn sich das Gesamteinkommen um 15% erhöht. Im SGB zählt hier jeder schnöde Euro.

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